Parthische Kultur

Definition

Patrick Scott Smith, M. A.
von , übersetzt von Marina Wrackmeyer
Veröffentlicht am 25 August 2020
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Temple Ritual Scene from Hatra (by Osama Shukir Muhammed Amin, Copyright)
Szene eines Tempelrituals aus Hatra
Osama Shukir Muhammed Amin (Copyright)

Zwischen China und Indien im Osten und dem Mittelmeer im Westen gelegen, herrschte Parthien über eines der größten Reiche seiner Zeit, und die parthische Kultur erlebte eine 500-jährige Blütezeit (247 v. Chr. bis 224 n. Chr.). Die Parther waren nicht nur für ihre militärischen Fähigkeiten als berittene Bogenschützen und das Hervorbringen einer hochentwickelten Pferdekultur bekannt, sondern auch für ihre diplomatischen Fähigkeiten. Sie waren gebildet, oft mehrsprachig und regierten mit einer kooperativen Gesinnung, die den verschiedenen Kulturen in ihrem Reich die Freiheit ließ, ihre eigenen Traditionen zu bewahren.

Während das Judentum gedieh und das Christentum Fuß fasste, blühten auch Paganismus und die weiter verbreiteten Glaubenssysteme des griechischen Pantheons und des Zoroastrismus auf. Ihr bevorzugter Gott war jedoch Mithra, der in einer Person die Attribute vieler griechischer Götter in sich vereinte und auch die Hauptgottheit unter Zoroasters Schöpfergott Ahura Mazda wurde. Dies gab den Parthern eine gemeinsame Basis für ihre Beziehungen zu den Zoroastriern und den Griechen gleichermaßen. Da sich die Parther mit Mithra identifizierten, weil er ein Reiterbogenschütze war, nahm Mithra für die Parther eine wichtige Nische ein, als sie ihre einzigartige kulturelle Identität entwickelten.

Die Parther, die die lukrativen nördlichen Ost-West-Seidenstraßen durch Mesopotamien kontrollierten, waren auch unübertreffliche Kaufleute. Dies brachte denjenigen, die die Geschäfte des Reiches führten, materielle Vergütung und Status ein. Während die herrschende Klasse ein hohes Maß an Luxus genoss und dadurch Nachfrage nach Künstlern und Kunsthandwerkern schuf, investierten sie auch in die Verbesserung der bestehenden Infrastruktur und in den Bau neuer Anlagen. Ein solcher Ausbau bedeutete Bedarf an Baumaterialien und Architekten, Bauarbeitern und Maurern. Der gehobene Status der Kaufleute schuf eine eigene Nachfrage nach Gebrauchsgegenständen und Luxusgütern, die ihren Familien materiellen Komfort brachten.

Eine Kultur mit kooperativer Gesinnung

Was die herrschende Klasse anbelangt, so scheint sich in Parthien eine interessante Interaktion zwischen König und Adel entwickelt zu haben, die den Adligen einen politischen Einfluss verlieh, der danach bis zur Zeit der Magna Carta um 1200 n. Chr. unbekannt war. So erläutert George Rawlinson:

Die [parthischen Adligen] waren keine bloßen Untertanen des Monarchen, sondern eine Klasse, die sich auf ihre eigenen, unanfechtbaren Rechte stützte. Sie hatten das Privileg, bei einer Vakanz den nächsten auf den Thron zu wählen und sogar einen ordnungsgemäß gewählten Monarchen abzusetzen. Somit war der parthische Adel weitaus mächtiger und unabhängiger als jede ähnliche Klasse unter den achämenischen, sassanidischen, modernen persischen oder türkischen Herrschern. (kindle loc 4037)

So ausgleichend das Verhältnis zwischen König und Adel auch war, so scheint es doch ohne zerstörerische Umwälzungen funktioniert zu haben. Während die Adligen ein Mitspracherecht bei der Wahl des Königs hatten, konnte der König, wenn er würdig war, unangefochten regieren. So ordnete König Orodes II. (reg. 57–37 v. Chr.) den Tod von Surenas (84–53 v. Chr.) an, seinem führenden Heerführer, der gerade eine glänzende Schlacht gegen die Römer bei Carrhae gewonnen hatte. Obwohl Surenas nach dem König der zweitreichste Mann war und aus einer angesehenen Familie stammte, wurden die Befehle des Königs offenbar ohne Widerspruch ausgeführt. Andererseits konnte ein König, der es versäumte, das Reich zu schützen, oder der unverantwortlich regierte, auch ohne Aufruhr abgesetzt werden. Nachdem Phraates III. (reg. 69–57 v. Chr.) seinen Einfluss in Armenien und der Provinz Gordiene an Rom verloren hatte und sich Pompeius in demütigender Weise weigerte, ihn mit seinem anerkannten Titel „König der Könige“ anzusprechen, wurde er von seinen beiden Söhnen getötet. Als jedoch der ältere Bruder Mithridates IV. (reg. 57–54 v. Chr.) grausam regierte, griffen parthische Adlige ein, um Orodes II. auf den Thron zu bringen.

Parthien war dafür bekannt, dass es den Untertanen ihre eigenen Sitten und Gebräuche erlaubte.

Außerdem scheinen die Parther in gewissem Maße ein Volk von Adligen gewesen zu sein, das den Adelsstatus großzügig vergab. Es wird berichtet, dass einige Adlige nur 125 Soldaten aufstellten, wenn sie in den Krieg zogen, während andere wie Surenas über 2.000 Mann mitbrachten. Bei den Parthern wurde das Privileg, ein Adliger zu sein, zwar großzügig verliehen und ihre kollektive Stimme hatte Gewicht, aber es herrschte ein unausgesprochenes Einvernehmen darüber, dass Respekt und Gehorsam gegenüber dem Monarchen für eine dauerhafte parthische Herrschaft unerlässlich waren. Darüber hinaus hatten Könige und Adlige ein starkes Gefühl für ein gemeinsames Ziel als Parther, nämlich die Förderung des parthischen Staates, und ein ähnlicher kooperativer Ansatz wurde auf die parthischen Untertanen ausgedehnt. Wie bereits erwähnt, war Parthien dafür berühmt, den Untertanen ihre eigenen Sitten und Gebräuche zuzugestehen, und ihre Botschafter müssen ihr diplomatisches Geschick mit Raffinesse ausgeübt haben. Ein Reich wie Parthien konnte nicht so lange allein durch Macht herrschen; Verträge, Kooperationsabkommen, gemeinsame militärische und wirtschaftliche Interessen mussten gepflegt werden.

Die Kunst der Diplomatie

Ein Beispiel für das diplomatische Können Parthiens im Umgang mit dem Stolz und der Autonomie seiner Untertanen ist die Tatsache, dass Seleukia nicht gezwungen wurde, die Soldaten Parthiens aufzunehmen. Stattdessen wurde die nahe gelegene Stadt Ktesiphon für diesen Zweck gebaut. In kommerzieller Zusammenarbeit mit den Handwerkern und Geschäftsleuten Seleukias wurden sie beschäftigt und profitierten von dem Projekt. Auf diese Weise wurde eine stärkere militärische Präsenz an der Ostgrenze Parthiens geschaffen und gleichzeitig die Zusammenarbeit mit den Einwohnern vor Ort gewonnen, die während und nach dem Projekt wirtschaftlich profitierten.

Ein weiteres Beispiel für die Diplomatie der Parther findet sich auf ihren Münzen. Viele parthische Münzen zeigen ihre Könige auf einem Thron sitzend mit einem ausgestreckten Arm, der einen Bogen hält. Diese Symbolik sollte eine raffinierte, aber wirkungsvolle Botschaft übermitteln. Der Bogen war die effektivste Waffe der parthischen Kriegsführung und der Schlüssel zu ihrer militärischen Macht. Die Darstellung des Bogens, der nicht gespannt ist, sondern vom König gehalten wird, verdeutlicht aber, dass Parthien der Diplomatie den Vorzug vor militärischen Aktionen gab.

Orodes II
Orodes II.
The Trustees of the British Museum (CC BY-NC-SA)

Diese Politik, bei der die Diplomatie an erster Stelle stand, wurde an den Römern erprobt. Bevor Crassus (115–53 v. Chr.) seinen unprovozierten Angriff auf Parthien startete, unternahm Parthien friedliche Annäherungsversuche. Selbst als sich Crassus in Syrien auf dem Weg ins Herz von Parthien befand, schickte König Orodes II. (reg. 57–37 v. Chr.) „Gesandte, um ihn für den Einfall zu tadeln und nach den Ursachen des Krieges zu fragen“ (Cassius Dio, 40.16). Obwohl sie 53 v. Chr. in Carrhae einen entscheidenden Sieg gegen Crassus errungen und die erbeuteten römischen Standarten als Denkmal für ihren Sieg aufgestellt hatten, baten die Parther später um Frieden. Auf Betreiben von Phraates IV. (reg. 37–2 v. Chr.) wurde 20 v. Chr. ein Friedensvertrag mit Augustus geschlossen und die Standarten an Rom zurückgegeben. Dieser Vertrag führte zu jahrzehntelangem Frieden zwischen den beiden Parteien und ermöglichte beiden Seiten einen wirtschaftlichen Aufschwung.

Obwohl die Parther Höhen und Tiefen erlebten, erwies sich ein gewisser kooperativer Geist zwischen Herrschern und Adligen sowie zwischen der herrschenden Klasse und den Provinzen als nützlich. Neben ihrem diplomatischen Geschick mussten die Parther ihren Untertanen auch greifbare Vorteile bieten. Wie Rom, das den unterworfenen Herrschern ein gewisses Maß an Macht und Reichtum und dem Volk eine überlegene Infrastruktur mit Straßen, römischen Bädern und öffentlichen Gebäuden bot, gaben auch die Parther im Gegenzug für Tribute und militärische Unterstützung etwas zurück. Die Parther ließen nicht nur bestehende Traditionen zu, sondern brachten ihren Untertanen und sich selbst auch großen Wohlstand und einen Ausbau der bestehenden Infrastruktur und Architektur.

Reichtum, Infrastruktur und Architektur

Neben den Tributen, die die unterworfenen Nationen zu zahlen hatten, brachte Parthien die Kontrolle über die nördlichen Ost-West-Seidenstraßen großen Reichtum. Cassius Dio berichtet, dass Crassus Parthien vor allem deshalb angriff, weil es „überaus reich“ (40:12) war. Dieser Reichtum ermöglichte es den Parthern, bestehende Bauwerke und Infrastrukturen zu erhalten und zu verbessern sowie neue zu errichten. Auch wenn die Parther für ihren Mangel an expansiven Bauten kritisiert wurden, muss man bedenken, dass sie ein Reich übernahmen, in dem es bereits griechische und altpersische Kunst und Architektur gab. Nichtsdestotrotz optimierten und bauten die Parther.

Strabon zufolge führten die Parther in Ktesiphon in der Nähe von Seleukia am Tigris eine bedeutende Baumaßnahme durch. Um Seleukia die Last zu ersparen, Quartiere für die parthischen Soldaten bereitzustellen, machten die Parther aus dem ehemaligen Dorf Ktesiphon eine Stadt, die „große Mengen beherbergen konnte“. Neben den Unterkünften für ihre Soldaten errichteten die Parther zahlreiche öffentliche Gebäude zur Förderung des Kunsthandwerks und anderer kommerzieller Aktivitäten, die „für ihre Herren profitabel waren“ (Strabon, 16.1.16). Sie bauten Ktesiphon mit einem Palast aus, um es der Winterresidenz eines Königs würdig zu machen.

Standing Arch at Ctesiphon
Bogen von Ktesiphon
Nick Maroulis (CC BY-NC-ND)

Ebenso machten die parthischen Könige Ekbatana wegen seiner kühleren nördlichen Lage zu ihrer Sommerresidenz. Polybios beschreibt Ekbatana als „den anderen Städten an Reichtum und Pracht überlegen“. Am Fuße des Berges Orontes befand sich eine Zitadelle, die „erstaunlich stark befestigt“ war. Ein Palast in der Nähe der Zitadelle der Stadt war gigantisch und von großer Schönheit. „Auf eine Fläche von fast sieben Stadien“ (fast eine Meile im Umfang) hatte der Palast Balken, Säulen, Holzwerk und Decken, die mit Gold und Silber bedeckt waren, und die Bodenfliesen waren alle aus Silber (Polybios 10.27). Zwar war zur Zeit der Parther dort viel Gold und Silber abgetragen worden, aber die Parther begannen wahrscheinlich wie auch bei ihren Arbeiten in Ktesiphon damit, Ekbatana wieder zu seinem früheren Glanz zu verhelfen, da es die Sommerresidenz des Königs wurde.

In Hatra schützten die Parther die Stadt mit einer Einfriedung, die einen Umfang von drei Meilen hatte. Die Mauern waren außergewöhnlich dick und wiesen alle 156 Meter viereckige Türme auf. Ein sehr tiefer und breiter Wassergraben schützte die Mauern vor Belagerungsmaschinen und Leitern. Der gesamte Komplex wurde zusätzlich durch zwei Festungen auf Erhebungen geschützt, die die Zugänge zum Ort kontrollierten. Die Befestigungen von Hatra waren so wirksam, dass sie den Angriff des römischen Kaisers Trajan 117 n. Chr. und den von Septimius Severus 193 und 197 n. Chr. abwehren konnten. Innerhalb der Stadt errichteten die Parther einen einzigartigen, weitläufigen Tempel in einem Umfang von 244 Metern Länge und 213 Metern Breite.

In ähnlicher Weise wurde der Ausbau von Merw (seleukidisches Antiochia) mit hochmodernen Befestigungsanlagen mit stufenförmigen Zinnen und Zwischentürmen vollendet. In Syrien machte Parthien Dura Europos zum Verwaltungszentrum der Provinz, komplett mit befestigten Mauern, einem Palast, Mithräum, einem Basar und – typisch für seine multikulturelle Neigung – einer jüdischen Synagoge. Zu den weiteren Projekten gehörte die Neugestaltung antiker Städte wie Assur, Uruk und Nimrud, wozu auch der Bau von prächtigen Häusern und Tempeln mit Tonnengewölbe gehörte, wobei die architektonische Neuerung der Parther, die gewölbten, offenen Eingänge, die sogenannten Iwane, einbezogen wurden. Der Einfluss des parthischen Iwane auf die Architektur des Nahen Ostens ist bis heute zu bemerken.

Western and Northern Iwan, Masjed-e Imam
Westlicher und nördlicher Iwan, Masjed-e Imam
youngrobv (CC BY-NC)

Parthiens einzigartige künstlerische Motive

Aufgrund der Lage ihres Reiches und ihrer Ursprünge in Zentralasien gab es eine Vielzahl von Einflüssen auf Kunst und Architektur der Parther. Sie nahmen Anleihen aus dem Osten und dem Westen und schufen so ein Amalgam, das leicht als parthisch zu identifizieren ist. In ihrer Architektur und Kunst finden sich interessante kreisförmige und frontale Motive. In architektonischer Hinsicht ließen die Parther die bestehenden seleukidischen Bauten stehen, die natürlich den hellenistischen rechteckigen Grundriss mit Säulen und dreieckigen Elementen kopierten. Wo es möglich war, versuchten die Parther jedoch, sich von den Griechen abzuheben. Beim Betreten eines griechischen Tempels durchschreitet man einen Säulengang. Wenn man den parthischen Tempel in Hatra betritt, kommt man dagegen unter den anmutigen Iwan-Bögen an. Die Mischung aus Säulen im griechischen Stil und dreieckigen Giebeln mit mehreren parthischen Bögen in Hatra verleiht dem Tempel seine einzigartige Anziehungskraft.

Auch im parthischen Assur ist die Verwendung parthischer Bögen ein herausragendes Merkmal. Die Verwendung von Rundbögen als architektonisches Merkmal während der parthischen Periode macht sich jedoch auch auf andere Weise bemerkbar. In Anlehnung an die perfekt kreisförmige choresmische Festung in Qoy Qırılg’an Qala (400 v. Chr. bis 400 n. Chr.) östlich des Kaspischen Meeres wurden auch ganze parthische Städte und Festungen kreisförmig angelegt. Malcolm Colledge vergleicht die rechteckige Planung der Seleukiden und Perser mit einigen parthischen Anlagen:

Die parthische Neugründung von Ktesiphon und die Wälle um Carrhae, Tacht-e Suleiman und Hatra aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. waren enger und absichtlich kreisförmig angelegt. (Parthische Kunst, 34)

Während die parthische Architektur in einzigartiger Weise kreisförmige Elemente enthielt, wurde in ihrer Kunst das Motiv der Frontalität verwendet. Im Vergleich dazu blicken die griechischen und römischen Modelle meditativ in die Ferne, während ägyptische Kunstwerke und persische Figuren ihre Macht demonstrieren. In einem Stil, den die byzantinische Kunst später übernehmen sollte, blicken die parthischen Modelle geradeaus und stellen eine persönliche Verbindung zwischen sich und dem Betrachter her. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Parther oft auf die nüchterne Miene der Griechen und Römer verzichteten. Um die direkte Beziehung zwischen Subjekt und Betrachter zu vertiefen, wirken manche Figuren fast freundlich. Neben der kreativen Herstellung von Edelmetallschmuck, Bronze-, Terrakotta- und Steinfiguren zeugen auch die dekorierten Innenwände von der künstlerischen Auswahl und Kreativität der Parther. Die Wandflächen in Assur waren mit geometrischen und floralen Mustern verziert, die einen bemerkenswerten Vorläufer der von muslimischen Künstlern aufgegriffenen Designs darstellen. Diese Dekorationen hätten jeden Raum durch die Verwendung von sich ergänzenden und kontrastierenden Farben verschönert.

Parthian Worshipper
Parthischer Anbetender
Metropolitan Museum of Art (Copyright)

Parthische Sprache, Literatur und Musik

Es gibt zwar keine Belege dafür, dass die Parther ihre Geschichte schriftlich festgehalten haben, aber sie waren sicherlich nicht ungebildet. Da sie über eine Vielzahl von Völkern herrschten, muss es für die militärische und geschäftliche Kommunikation sehr hilfreich gewesen sein, wenn Botschafter, Gouverneure und Könige mit den Gebräuchen und der Sprache der Völker, denen sie vorstanden, vertraut waren. Es gibt in der Tat Hinweise auf Mehrsprachigkeit. Als Surenas herausfand, dass Crassus sich hinter den Mauern von Carrhae verschanzt hatte, um ihm eine Falle zu stellen, schickte er einen Abgesandten mit dem Befehl, Crassus in der römischen Sprache zu rufen. Plutarch berichtet, dass Orodes II. selbst „mit der griechischen Sprache und Literatur gut vertraut“ (33.2) war.

Bei Banketten mit dem armenischen König Artavasdes II. (reg. 55–34 v. Chr.), der die Parther gegen die Römer unterstützte, wurde griechische Literatur gelesen und genossen. Orodes’ Lese- und Schreibfähigkeit und die Beherrschung einer Fremdsprache lassen auf eine formale Schulbildung schließen. Briefe des Königs an die Staatsoberhäupter in Kriegs- oder Friedenszeiten waren für die Klärung von Absichten unerlässlich. In Kriegszeiten wurden die Befehle des Königs an die Befehlshaber und die der Befehlshaber an die Leutnants im Feld sicherlich nicht vom Hörensagen überliefert, sondern erforderten die Spezifität und Klarheit schriftlicher Anweisungen. Das Gleiche gilt für Depeschen, die mit Abgesandten in diplomatischer Mission verschickt wurden. Wie bei den heutigen Botschaftern wurde erwartet, dass sie die Sprache des Volkes, dem sie zugeteilt waren, lesen und schreiben konnten. Darüber hinaus mussten die schriftlichen Aufzeichnungen von Geschäftsvorgängen, so zahlreich sie auch sein mochten, fortschrittlich, organisiert und effizient sein, denn die Parther waren ein Handelsmagnat.

Bei parthischen Festen wurden Flöten, Pfeifen und Trommeln von den erotischen Klängen eines Saiteninstruments namens Sambuca begleitet.

Die Kenntnis einer Fremdsprache wird auch dadurch deutlich, dass Flavius Josephus erwähnt, dass er Kopien seines Buches auf Aramäisch und dann auf Griechisch an „die oberen Barbaren“ schickte (Vorwort zum Jüdischen Krieg 1.3). Da Flavius Josephus viel über die Parther schrieb und die jüdische Kultur im Reich florierte, wird allgemein angenommen, dass „die oberen Barbaren“ im Norden die Parther waren. Wie Parvaneh Pourshariati erwähnt, schreiben einige den Parthern die Kodifizierung einer frühen Version des heiligen Buches der Zoroastrier, des Avesta, zu (359).

Auch wenn wir uns das parthische Königreich als geleitet von ernsten Herrschern vorstellen, die nur auf Eroberung und wirtschaftlichen Wettbewerb aus waren, so waren doch auch Zeiten des Vergnügens und der Muße wichtig. Musik und Tanz sind Teil der menschlichen Kultur, und das war auch bei den Parthern nicht anders. Als Surenas einen Triumphzug durch die Straßen von Seleukia inszenierte, spielten Sänger, Tänzer und Musiker eine große Rolle. Bei parthischen Festen wurden Flöten, Pfeifen und Trommeln von den erotischen Klängen eines Saiteninstruments namens Sambuca begleitet. Der Höhepunkt der Feierlichkeiten wurde im Einklang mit der Musik mit einer Tanzchoreografie beendet.

Die Pferdekultur Parthiens

Neben anderen kulturellen Errungenschaften kann man Parthien auch als eine Pferdekultur bezeichnen. Ihr wichtigster Wirtschaftszweig dürfte in der Tat die Pferdezucht gewesen sein, und die Zahl ihrer Herden muss in die Zehntausende gegangen sein. Strabon erwähnt 50.000 Stuten auf der Hippobotos-Wiese in Medien (11.13.7). 11.000 Pferde wurden in die Schlacht bei Carrhae gebracht. Medien und Parthien setzten 36 v. Chr. 50.000 gegen Mark Anton ein. Pferde waren allgegenwärtig, und viele Faktoren spielten bei der Pferdezucht eine Rolle: der Bau von Ställen, die Bereitstellung von hochwertigem Futter, die Ausbildung von Pferden und Reitern sowie eine hervorragende Zucht. Da dies ein wesentlicher Aspekt ihrer militärischen Vormachtstellung war, war die königliche Kontrolle der Pferdeindustrie die Norm. Neben anderen Erwähnungen von „königlichen Rassen“ durch antike Autoren erwähnt Polybios königliche Gestüte, die von den Medern gepflegt wurden (10.27). Strabon vergleicht die parthischen Pferde mit den Pferden der Meder, die „die besten und größten in der Provinz des Königs“ (11.13.7) waren. Die besten Pferde waren also der königlichen Garde und den königsnahen Adligen vorbehalten. Dennoch wollten Züchter und Ausbilder aus allen parthischen Pferden und Reitern die bestmöglichen machen.

Parthian Archer
Parthischer Bogenschütze
The British Museum (Copyright)

Die Geheimnisse der Verpaarung überlegener Hengste mit überlegenen Stuten und die fachkundigen Trainingstechniken waren ein streng gehüteter Prozess. Das Kataphraktenpferd für die schwere Kavallerie wurde auf eine Kombination aus Größe, Schnelligkeit und Mut im Nahkampf gezüchtet, während das Pferd für die leichte Infanterie auf Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit gezüchtet wurde. Sie waren die schnellsten Pferde in der Gegend, was bedeutete, dass ihre leichten Reiter (die von frühester Kindheit an das Bogenschießen übten) den Feind schnell zur Strecke bringen oder leichter entkommen konnten, wenn sie verfolgt wurden. Strabon erwähnt auch die „Leichtigkeit, mit der sie sich schnell fortbewegen“ (3.4.15). Dies hätte nicht nur die Zielgenauigkeit des berittenen Bogenschützen verbessert, der im vollen Galopp tödliche Schüsse abgab, sondern bedeutete auch, dass der Reiter nicht von einem Pferd mit unruhiger Gangart ermüdet wurde. Die Tatsache, dass die parthischen Pferde anderen überlegen waren und den Schlüssel zur militärischen Überlegenheit Parthiens darstellten, zeigt, dass sie im Besitz einer hoch organisierten Pferdeindustrie waren, die hervorragende Tiere produzierte und gleichzeitig modernste Trainingsmethoden für Pferd und Reiter anwandte.

Schlussfolgerung

Die Parther haben in gewisser Weise einen schlechten Ruf bekommen. Auf der einen Seite versuchten ihre Eroberer, das Sassanidenreich, ihr materielles und kulturelles Erbe zu zerstören. Auf der anderen Seite wird die Geschichte von den Römern und Griechen unvollständig dargestellt. Durch archäologische Entdeckungen und neue Forschungen beginnt sich das kulturelle Niveau Parthiens jedoch zu entfalten. So stellt Pourshariati fest:

In der Kunst, der Architektur und sogar in den Herrschaftstraditionen wird der parthische Beitrag zur späteren iranischen Kultur und zu den kulturellen Traditionen der Regionen insgesamt allmählich und zunehmend deutlich. (24)

Übersetzer

Marina Wrackmeyer
Marina arbeitet hauptberuflich im KEP-Innendienst und nebenbei an der Herausgabe der WHE auf Deutsch. Sie liest und lernt gerne und ist besonders an Sprachen und Geschichte interessiert.

Autor

Patrick Scott Smith, M. A.
Mit Präsentation seiner Forschung für die American Society of Overseas Research und die Missouri Academy of Science sowie als Autor der Association for the Scientific Study of Religion gewann Patrick Smith 2015 und 2024 den Frank Forwood Award for Excellence in Research.

Dieses Werk Zitieren

APA Stil

A., P. S. S. M. (2020, August 25). Parthische Kultur [Parthian Culture]. (M. Wrackmeyer, Übersetzer). World History Encyclopedia. Abgerufen auf https://www.worldhistory.org/trans/de/1-19105/parthische-kultur/

Chicago Stil

A., Patrick Scott Smith, M.. "Parthische Kultur." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. Letzte August 25, 2020. https://www.worldhistory.org/trans/de/1-19105/parthische-kultur/.

MLA Stil

A., Patrick Scott Smith, M.. "Parthische Kultur." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. World History Encyclopedia, 25 Aug 2020. Internet. 06 Okt 2024.