Abraham, der Stammvater

Definition

John S. Knox
von , übersetzt von Marina Wrackmeyer
Veröffentlicht am 22 Juni 2020
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Abraham (by Lawrence OP, CC BY-NC-ND)
Abraham
Lawrence OP (CC BY-NC-ND)

Im Judentum, Christentum und Islam ist Abraham ein verehrter Stammvater, dessen Beziehung zu Gott die Ursprungsgeschichte für Gottes segensreiche Beziehung zur Menschheit liefert. Nach biblischer Tradition (oder Mythos, wie manche sagen) wurde Abraham (um das 20. Jahrhundert v. Chr.) in oder in der Nähe der Stadt Ur in Mesopotamien geboren, höchstwahrscheinlich im südlichen Chaldäa. Abraham (ursprünglich Abram genannt) heiratete seine Halbschwester Sarah (ursprünglich Sarai genannt) und begann eine lange Reise von Mesopotamien nach Haran und später nach Kanaan und Ägypten. Die Geschichte wird im Buch Genesis, Kapitel 12–25, erzählt und die Bedeutung des Namen Abrahams als „Vater der Vielen" und/oder „Freund Gottes" erläutert. Seine Reise, wie in der Bibel dargestellt, ist lang und dramatisch. Abraham und Sarah begegnen vielen verschiedenen Kulturen, Bräuchen und Volksgruppen entlang des Fruchtbaren Halbmonds von Mesopotamien bis nach Ägypten.

Die traditionelle Geschichte Abrahams

Laut der Bibel erhielt Abraham im Alter von 75 Jahren eine göttliche Einladung oder Berufung von Gott (Jahwe), in ein fernes Land zu reisen, in dem Gott ihn über alle Maßen belohnen würde. In Genesis 12,1-3 heißt es:

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Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Ich werde segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den werde ich verfluchen. Durch dich sollen alle Sippen der Erde Segen erlangen. (12,2-3)

Abraham vertraute Gott und nahm seine gesamte Familie (einschließlich seines Vaters und Neffen Lot) und sein Hab und Gut mit auf seine Reise in das verheißene Land.

Trotz der Gefahren, die eine Reise in so hohem Alter und durch unbekanntes und unfreundliches Gebiet in sich birgt, vertraute Abraham Gott und nahm seine gesamte Familie (einschließlich seines Vaters und Neffen Lot) und sein Hab und Gut mit auf seine Reise in das verheißene Land.

Es heißt, dass der erste Teil der Reise sie nach Haran im Norden Mesopotamiens führte, wo sein Vater Terah im Alter von 205 Jahren starb. Im zweiten Teil der Reise betrat und durchquerte Abrahams Karawane Kanaan, wo Gott Abraham erschien und sagte: „Deinen Nachkommen gebe ich dieses Land" (12,7). Zur Feier und Verehrung baute Abraham einen Altar für Gott und brach dann auf „zu dem Gebirge östlich von Bet-El und schlug sein Zelt so auf, dass er Bet-El im Westen und Ai im Osten hatte” (12,8). Wie auch vorher gibt Genesis hier an, dass Abraham einen weiteren Altar für Gott baute, bevor er wieder in den Negev südwestlich des Toten Meeres zog.

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Maskerade in Ägypten

Eine schreckliche Hungersnot brach in Kanaan aus, was ein trauriger, aber nicht ungewöhnlicher Teil des Lebens im Nahen Osten des Altertums war, und Abraham und seine Familie flohen in der Hoffnung auf Rettung und Unterstützung nach Ägypten. Dieser Schritt stellte sich jedoch als alles andere als beruhigend heraus, da Abraham wegen der Schönheit seiner 65-jährigen Frau begann, um sein Leben zu fürchten. Abraham erklärte: „Wenn dich die Ägypter sehen, werden sie sagen: Das ist seine Frau! Und sie werden mich töten, dich aber am Leben lassen” (12,12).

In Schlauheit oder aus Feigheit wies Abraham seine Frau an, „vorzutäuschen", seine Schwester zu sein, was ja tatsächlich stimmte, da Sarah seine Halbschwester war. Abrahams Bedenken waren anscheinend berechtigt, denn nachdem sie nach Ägypten eingereist waren, „sahen die Ägypter, dass die Frau überaus schön war. Die Beamten des Pharao sahen sie und rühmten sie vor dem Pharao [möglicherweise Senusret II., der Ägypten von 1897 bis 1878 v. Chr. regierte]. Da wurde die Frau in das Haus des Pharao genommen” (12,14-15). Für Abraham war dies nicht die schlimmste Situation, denn er erhielt viele Geschenke vom Pharao, einschließlich Vieh und Diener.

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Sarai Is Taken to Pharaoh's Palace
Sarai wird zum Palast des Pharao gebracht
James Jacques Joseph Tissot (Public Domain)

Dennoch erzählt die Bibel, dass Gott mit dem Szenario um Abraham und Sarah nicht zufrieden war. Der Pharao und sein Haushalt erlebten bald fürchterliche Plagen, die ihn auf Abrahams List aufmerksam machten. Der Pharao rief aus: „Was hast du mir da angetan?” (12,18), prangerte Abraham für seine Täuschung an und forderte beide auf, zu gehen (wobei er Abraham interessanterweise gestattete, seine Geschenke zu behalten). Im Anschluss daran verzeichnet Genesis: „Abram zog von Ägypten in den Negeb hinauf, er und seine Frau mit allem, was ihm gehörte, und mit ihm auch Lot. Abram hatte einen sehr ansehnlichen Besitz an Vieh, Silber und Gold” (13,1-2).

Nach ihrer Rückkehr nach Kanaan gediehen Abraham und sein Stamm und breiteten sich sogar noch weiter aus als zuvor, was zu Streit und Konkurrenz zwischen Abrahams und Lots Hirten um Weideland für ihre immer größer werdenden Herden führte. In Genesis wird angegeben:

Das Land reichte nicht hin, dass sich beide nebeneinander darin hätten ansiedeln können; denn ihr Besitz war zu groß und so konnten sie sich nicht miteinander niederlassen. So entstand Streit zwischen den Hirten der Herde Abrams und den Hirten der Herde Lots. (13,5-7)

So trennten sich die beiden und Abraham wählte die Ebene von Hebron als sein Zuhause und Lot wählte die Ebene von Sodom, was sich für Lot und seine Familie als eine katastrophale Entscheidung herausstellen würde.

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Unfruchtbarkeit

Einer der zentralen Teile der Geschichte von Abraham und Sarah betrifft ihre Unfähigkeit, ein Kind zu empfangen, was im Altertum sehr wichtig war - sowohl gesellschaftlich als auch für das Überleben. Kinderlosigkeit und Unfruchtbarkeit wurden im Zeitalter der Erzeltern als Zeichen der Schande für die Frau angesehen, typischerweise die Folge einer geheim gehaltenen Sünde in ihrem Leben. Darüber hinaus wurden Kinder als Segen und Form der sozialen Sicherheit angesehen, da sie den Menschen Schutz und Fürsorge im Alter gewährleisten sollten. Verständlicherweise klagte Abraham in Genesis 15,1:

Herr und Gott, was kannst du mir geben? Ich gehe kinderlos dahin und Erbe meines Hauses ist Eliëser aus Damaskus. […] Siehe, du hast mir keine Nachkommen gegeben; so wird mich mein Haussklave beerben. (2-3)

Die Bibel bietet noch einmal einen Einblick in die enge Beziehung zwischen Abraham und seiner Gottheit, da Gott verkündete: „Fürchte dich nicht, Abram, ich selbst bin dir ein Schild; dein Lohn wird sehr groß sein" (1). Abraham nahm Gott beim Wort, was dieser „ihm als Gerechtigkeit [anrechnete]” (15,6). Abrahams Frau Sarah war jedoch weniger geduldig und noch dringender darauf bedacht, ein Kind zu bekommen. Da sie selbst anscheinend unfruchtbar und in fortgeschrittenem Alter war, befahl sie Abraham, eine sexuelle Beziehung mit ihrer ägyptischen Sklavin Hagar einzugehen, deren Kind Sarah dann als ihr eigenes aufziehen wollte.

Sarah Presenting Hagar to Abraham
Hagar wird Abraham von Sarah präsentiert
Thomas Hawk (CC BY-NC)

Obwohl dieses Vorgehen aufgrund seiner Grausamkeit und Ausbeutung das moderne Empfinden verletzt, waren sexuelle Begegnungen zwischen Sklaven und deren Besitzern kein ungewöhnliches Ereignis. Als Sklavin hatte Hagar nur wenige (wenn überhaupt irgendwelche) Eigentumsrechte. Darüber hinaus ermöglichte eine solche Verbindung eine tiefere Integration in den Haushalt und konnte eine größere soziale Sicherheit für die Sklavin schaffen. Jedoch sind die biologischen und emotionalen Bindungen zwischen Mutter und Kind sehr stark, so dass Sarah und Hagar (verständlicherweise) begannen, eine Abneigung gegeneinander zu entwickeln, was in Spott von Hagars Seite und körperlicher Misshandlung durch Sarah endete.

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Hagar, die entlaufene Sklavin

Die Bibel gibt an: „Da misshandelte Sarai sie und Hagar lief ihr davon” (16,6) und sie ging hinaus in die Wüste, gefährlicherweise ohne angemessenen Proviant. Zum Glück für Hagar sandte Gott gemäß dem biblischen Text einen Engel des Herrn, um sie zu retten und zu Sarah zurückzubringen. Er sagte: „Kehr zurück zu deiner Herrin und beuge dich unter ihre Hand! [...] Mehren, ja mehren werde ich deine Nachkommen, sodass man sie wegen ihrer Menge nicht mehr zählen kann” (16,9-10). Dies fügt der Geschichte einen weiteren kulturellen Aspekt hinzu, da die Sklaverei ein wesentlicher Bestandteil der Existenz im Altertum war und für viele Menschen (und insbesondere für Frauen) entscheidende Vorteile mit sich brachte, die mit ihren gesellschaftlichen Einschränkungen einhergingen.

Die Bibel spricht von Gottes großer Barmherzigkeit und seinem Mitgefühl für Hagar trotz ihrer niedrigen Position und bekräftigt ihre Menschlichkeit und ihren Wert in der Welt.

Dies führt zu einem weiteren der eindrucksvollsten Momente der Bibel, in dem Hagar Gott einen Namen gibt - El-Roï. Sie erklärt: “Du bist El-Roï - Gott schaut auf mich - . [...] Gewiss habe ich dem nachgeschaut, der auf mich schaut” (16,13). In einer Zeit, in der Sklaven als bloßes Eigentum angesehen und Frauen in eine niedrigere soziale Klasse verwiesen wurden, spricht die Bibel von Gottes großer Barmherzigkeit und seinem Mitgefühl für Hagar trotz ihrer niedrigen Position und bekräftigt ihre Menschlichkeit und ihren Wert in der Welt.

Hagar kehrte zu Sarah zurück und gebar ein Kind für den 86-jährigen Abraham, den Gott angewiesen hatte, das Kind „Ismael” (16,11) zu nennen. Obwohl er schließlich der Vater der arabischen Nationen werden würde, beschrieb die hebräische Schrift Ishmael als “wie ein Wildesel. Seine Hand auf allen, die Hand aller auf ihm! Allen seinen Brüdern gegenüber wird er wohnen” (16,12).

Bund der Beschneidung

In Genesis wird berichtet, dass Gott seinen Bund mit Abraham einige Jahre später erweiterte und ihm Folgendes auftrug: „Geh vor mir und sei untadelig! Ich will meinen Bund stiften zwischen mir und dir und ich werde dich über alle Maßen mehren” (17,1-2). Abraham warf sich in Ehrfurcht nieder, als Gott dann diesen neuen ewigen Bund zwischen ihnen beschrieb, der eine offizielle Verlängerung seines Namens auf „Abraham“, aber eine Verkürzung seiner Anatomie erforderte. Gott verkündete:

Am Fleisch eurer Vorhaut müsst ihr euch beschneiden lassen. Das soll geschehen zum Zeichen des Bundes zwischen mir und euch. Alle männlichen Kinder bei euch müssen, sobald sie acht Tage alt sind, beschnitten werden in jeder eurer Generationen, seien sie im Haus geboren oder um Geld erworben von irgendeinem Fremden, der nicht von dir abstammt. (17,11-12)

Dies sollte das gemeinschaftliche Abkommen Abrahams und seines Volkes mit Gott sein, ein körperliches Symbol und Ausdruck ihrer Liebe und gegenseitiger Verpflichtung. Mit diesem Opfer und dem ernsthaften Ausdruck von Hingabe und Gehorsam würde Gott das Volk segnen, so wie er auch Abraham und Sarah endlich mit einem eigenen Kind segnen würde.

Circumcision
Beschneidung
Lawrence OP (CC BY-NC-ND)

Da beide fast einhundert Jahre alt waren, schien die Aussicht auf Schwangerschaft und Geburt des Kindes unmöglich.Tatsächlich, als er die Nachricht hörte, dass sie Eltern werden sollten, „fiel Abraham auf sein Angesicht nieder und lachte” (17,17) - wie auch Sarah. Dennoch berichtet die Bibel, dass Gott dem betagten Ehepaar versicherte: „Meinen Bund aber richte ich mit Isaak auf, den dir Sara im nächsten Jahr um diese Zeit gebären wird” (17,20-21). Gehorsam bis zum Letzten beschnitt Abraham seinen Sohn Ismael sowie alle Männer seines Stammes. Auch er wurde im Alter von 99 Jahren beschnitten und zeigte seine große Liebe und einen kulturellen Brauch, der von Generation zu Generation sogar bis in die Gegenwart weitergegeben wurde.

Noch eine Maskerade für Abimelech

Trotz der Verheißungen Gottes, die in der Bibel vermerkt sind, war Abraham weiterhin besorgt um seine Sicherheit und die seines Haushalts. Als Abraham in die Region Gerar reiste, kamen deshalb alte Ängste wieder auf hinsichtlich der Schönheit seiner Frau und der Bedrohung durch andere, die ihn töten würden, um an Sarah zu gelangen, wie Abimelech, der König von Gerar - dieser „schickte [...] hin und ließ Sara holen” (20,2). Wieder gab Abraham Sarah als seine Schwester aus (vielleicht, weil es für ihn in Ägypten so gut geklappt hatte). Diesmal berichtet die Bibel jedoch, dass Gott Abimelech in einem beunruhigenden Traum davor warnte, Sarah zu berühren.

In diesem nächtlichen Dialog mit Gott legte Abimelech seinen Fall dar, in dem Gott zustimmte, dass es bei seinem möglichen Verhältnis mit Sarah mehr um die Lügen Abrahams (und Sarahs) ginge als um die Begierden des Königs. Dennoch antwortete Gott:

Auch ich weiß, dass du es mit arglosem Herzen getan hast. Ich habe dich ja auch daran gehindert, gegen mich zu sündigen. Darum habe ich nicht zugelassen, dass du sie anrührst. Jetzt aber, gib die Frau dieses Mannes zurück! Denn er ist ein Prophet. Er wird für dich beten, sodass du am Leben bleibst. Gibst du sie aber nicht zurück, dann sollst du wissen: Du musst sterben, du und alles, was dir gehört. (20,6-7)

Wie auch beim Pharao schalt Gott Abraham, der dem König seine Befürchtungen mitteilte, aber Abimelech gab Sarah mit ihrer Ehre intakt an Abraham zurück. Darüber hinaus schenkte der König Abraham Schafe, Rinder, Sklavinnen und Reichtümer und sagte: „Siehe, mein Land steht dir offen. Wo es dir beliebt, da lass dich nieder” (20,15). Im Gegenzug betete Abraham für Abimelech und seine Familie, die von ihrem kurzlebigen Fluch der Kinderlosigkeit geheilt wurden.

Ein Versprechen wird erfüllt

Trotz Abrahams Unsicherheit und Torheit zeigt Genesis, dass Gott sein Versprechen an das Bündnispaar erfüllte und Isaak geboren wurde, dessen Name „Lachen" bedeutet, weil Sarah lachte, als sie hörte, dass sie in so hohem Alter schwanger werden würde. Abraham, mittlerweile 100 Jahre alt, gehorchte Gottes Gebot und beschnitt Isaak gemäß dem Bund, und Isaak „wuchs heran und wurde entwöhnt” (21,8). Abrahams Familiengeschichte ist jedoch noch nicht vorbei. Zweifellos aus Eifersucht und Unsicherheit verspottete die Ägypterin Hagar Isaak und Sarah, was Sarahs Aufmerksamkeit auf sie lenkte. Sie hatte genug von der Unverschämtheit ihrer Sklavin und verlangte von Abraham, sie wegzuschicken. In Genesis steht: „Die Sache war sehr böse in Abrahams Augen, denn es ging um seinen Sohn” (21,11), aber Gott versicherte Abraham, dass für Ismael gesorgt und er außerordentlich gesegnet würde.

Noch einmal kämpften Hagar und ihr Kind in der Wüste um ihr Überleben, sterbend vor Durst, und wieder sandte Gott zu ihrer und Ismaels Rettung einen Engel, welcher sagte: „Fürchte dich nicht, denn Gott hat die Stimme des Knaben gehört, dort, wo er liegt. Steh auf, nimm den Knaben hoch und halt ihn fest an deiner Hand; denn zu einem großen Volk will ich ihn machen” (21,17-18). Gott stellte ihnen dann einen Brunnen mit Wasser zur Verfügung, damit sie ihren Durst stillen und sich abkühlen konnten. Genesis gibt an: „Gott war mit dem Knaben. Er wuchs heran, ließ sich in der Wüste nieder und wurde ein Bogenschütze” (21,20).

Hagar and Ishmael in the Desert
Hagar und Ismael in der Wüste
Michel Wal (CC BY-SA)

Eine der umstritteneren Stellen in der Bibel betrifft Gottes Auftrag, dass Abraham seinen Sohn Isaak - das Kind der Verheißung - opfern solle. Gott sagte zu Abraham: „Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar” (22,2). Interessanterweise wird in der Passage nicht erwähnt, dass Abraham Gott widersprach, obwohl er in einem gewaltigen inneren Konflikt und großer Trauer über Gottes Befehl an ihn gewesen sein musste.

Die Opferung Isaaks

Am nächsten Tag nahm Abraham seinen Sohn und zwei Diener mit auf die Reise auf den Berg, von dem Gott ihm gesagt hatte, dass er dort das Opfer seines Sohnes darbringen solle. Die Frage nach Isaaks Alter bleibt offen, wobei einige Gelehrte sagen, dass er noch ein Junge war, während andere sagen, dass er schon nahe am „jungen Mannesalter” war. Ungeachtet dessen wusste Isaak nichts von Gottes Opferplan für ihn und fragte seinen Vater: „Wo aber ist das Lamm für das Brandopfer?” (22,7), worauf Abraham antwortete: „Gott wird sich das Lamm für das Brandopfer ausersehen, mein Sohn” (22,8), was viele Christen für eine Andeutung im Voraus auf die Opferung Jesu am Kreuz erklärt haben, welche im Neuen Testament beschrieben wird.

Unabhängig davon, nachdem er Isaak geschickt ermüdet hatte, indem er ihn das Holz für sein Opfer den Berg hinauf tragen ließ, „baute Abraham dort den Altar, schichtete das Holz auf, band seinen Sohn Isaak und legte ihn auf den Altar, oben auf das Holz. Abraham streckte seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten” (22,9-10), aber ein Engel des Herrn hielt ihn auf und lobte ihn für seine Bereitschaft, seinen Sohn aus Gehorsam und Furcht (Respekt) vor Gott zu opfern. Der Engel des Herrn sagte zu Abraham:

Weil du das getan hast und deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast, will ich dir Segen schenken in Fülle und deine Nachkommen überaus zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und den Sand am Meeresstrand. (22,16-17)

The Sacrifice of Isaac
Die Opferung Isaaks
Rodney (CC BY)

Abrahams Geschichte neigt sich mit dem Tod von Sarah im Alter von 127 Jahren ihrem Ende zu. Sie starb in Hebron und wurde in der Höhle von Machpela begraben, die Abraham von den Hethitern gekauft hatte und in der alle Erzeltern außer Rachel begraben werden würden. Ihre Lage ist noch immer nicht bestätigt, obwohl einige Gelehrte behaupteten, sie im 19. Jahrhundert n. Chr. entdeckt zu haben, und angaben, dass sie sich unter einem gewaltigen Gebäude befand, das ursprünglich von Herodes erbaut worden war, und jetzt von einer muslimischen Moschee aus der Zeit Saladins verdeckt würde.

Genesis 25 berichtet, dass Abraham im Alter von 137 Jahren nach Sarahs Tod wieder heiratete (oder eine andere Frau heiratete, während er noch mit Sarah verheiratet war). Der Name seiner zweiten Frau war Ketura und sie hatten gemeinsam sechs Kinder: „Simran, Jokschan, Medan, Midian, Jischbak und Schuach” (25,2). Nach jüdischer Tradition war Isaak jedoch Abrahams Haupterbe, das Kind der Verheißung. Als Abraham mit 175 Jahren starb, „in glücklichem Alter, betagt und lebenssatt” (25,7-8), gingen deshalb alle seine Besitztümer an Isaak über, einschließlich des Segens Gottes durch den Bund. Dennoch, in einem liebenswerten Ausdruck gemeinsamer Trauer, „begruben ihn [seine Söhne Isaak und Ismael] in der Höhle von Machpela gegenüber Mamre, auf dem Feld des Hetiters Efron, des Sohnes Zohars, auf dem Feld, das Abraham von den Hetitern erworben hatte” (25,9-10).

Epigraphische und archäologische Beweise für den Stammvater Abraham

Wie bei anderen biblischen Figuren des Altertums gibt es kaum, wenn überhaupt, direkte archäologische Beweise für Abraham. Nomadenstämme hinterlassen von Natur aus nur wenige dauerhafte Gebäude oder religiöse Gegenstände, die ihre Existenz bestätigen. In der Wüste sind alle Ressourcen kostbar und für das Leben der Stammesgemeinschaft unverzichtbar. Davon abgesehen bestätigen jedoch mehrere archäologische Funde (alte und neuere) indirekt die Existenz von Menschen und Orten, denen Abraham auf seinen in der Bibel dargestellten Reisen begegnet wäre.

Nämlich haben Archäologen die Existenz einer Stadtanlage in der Nähe der antiken Stadt Ur im Südirak bestätigt, die während Abrahams Reise existiert hätte, Referenzen in den Tafeln von Ebla, die trotz des Polytheismus der nahöstlichen Kultur des 20. Jahrhunderts v. Chr. ein monotheistisches Verständnis von Gott zu zeigen scheinen, tausende von Tontafeln, die in Mari im heutigen Syrien gefunden wurden und die mit der biblischen Geschichte Abrahams übereinstimmende Terminologie enthalten, und Wissenschaftler weisen auf historische Zusammenhänge mit dem Exodus und der Migration der Amoriter hin, welche zwischen 2100 und 1900 v. Chr. stattfanden.

Bearbeitung basierend auf God in the Details: A Biblical Survey of the Hebrew and Greek Scriptures (Kendall-Hunt, 2017).

Literaturverzeichnis

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Übersetzer

Marina Wrackmeyer
Marina arbeitet hauptberuflich im KEP-Innendienst und nebenbei an der Herausgabe der WHE auf Deutsch. Sie liest und lernt gerne und ist besonders an Sprachen und Geschichte interessiert.

Autor

John S. Knox
Dr. John S. Knox has taught sociology, history, and religion for nearly two decades at Christian universities in the Pacific Northwest and the East Coast. He authored 16 books to date and numerous scholarly articles on Sociology, History, and Religion.

Dieses Werk Zitieren

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Knox, J. S. (2020, Juni 22). Abraham, der Stammvater [Abraham, the Patriarch]. (M. Wrackmeyer, Übersetzer). World History Encyclopedia. Abgerufen auf https://www.worldhistory.org/trans/de/1-19004/abraham-der-stammvater/

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Knox, John S.. "Abraham, der Stammvater." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. Letzte Juni 22, 2020. https://www.worldhistory.org/trans/de/1-19004/abraham-der-stammvater/.

MLA Stil

Knox, John S.. "Abraham, der Stammvater." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. World History Encyclopedia, 22 Jun 2020. Internet. 25 Apr 2024.