Ernährnung und Landwirtschaft im alten Japan

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Mark Cartwright
von , übersetzt von Marina Wrackmeyer
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Die Ernährung im alten Japan war stark von seiner geografischen Lage als Inselgruppe, von aus dem asiatischen Festland importierten Lebensmitteln und Essgewohnheiten, von religiösen Überzeugungen und von der Wertschätzung des ästhetischen Erscheinungsbildes von Speisen, nicht nur des Geschmacks, geprägt. Hirse wurde ab etwa 300 v. Chr. durch Reis als Hauptnahrungsmittel ersetzt, und Meeresfrüchte wurden Fleisch vorgezogen, zum einen wegen ihres Überflusses, zum anderen, weil der Buddhismus, der im 6. Jahrhundert n. Chr. Fuß fasste, das Töten von Tieren und Vögeln weitestgehend verbot. Es gab eine große Auswahl an Obst und Gemüse, und Tee und Sake waren die beliebtesten Getränke, zumindest bei der Aristokratie.

Japanese Food
Japanisches Essen
Taku (CC BY-NC-ND)

Geografie und Wetter

Die Geografie Japans ist sehr vielfältig und damit auch die Möglichkeiten der Landwirtschaft in den einzelnen Regionen. Das Binnenseebecken zwischen Honshu und Shikoku profitiert von starken Regenfällen während der Vegetationsperiode und sonnigen, trockenen Tagen mit subtropischen Temperaturen vor der Ernte, während späte Herbstregen, die mit den Winden des Pazifischen Ozeans kommen, und milde Winter die Winterernte begünstigen. Verspätete Regenfälle oder frühe Taifune können die Ernten zerstören. Über den Nordwesten von Honshu dagegen wehen eisige Winde und Schnee aus Asien.

Mythologie

Angesichts der Launen der Natur und der realen Möglichkeit verheerender Wetterphänomene, die die Ernten vernichten könnten, ist es nicht verwunderlich, dass die alten Japaner Gottheiten zum Schutz ihrer Interessen beschworen.

Die Landwirtschaft (nōgaku) konzentrierte sich im alten Japan, wie auch heute noch, weitgehend auf den Anbau von Getreide und Gemüse.

Lebensmittel (Shokumotsu) konnten ihre eigenen Götter haben. Es gab eine allgemeine und uralte Ernährungsgöttin aus Ise, und Inari wurde als nationaler Reisgott etabliert, lange nachdem lokale Reisgottheiten bereits die Bauern beschützt und ihnen im Gegenzug für entsprechende Opfergaben eine gute Ernte versprochen hatten. Auch die Reisfelder hatten ihren eigenen Shinto-Schutzgeist, Ta no Kami. Ein wichtiger Bestandteil der Landwirtschaft waren religiöse Zeremonien und Rituale, insbesondere um die Zeit der Aussaat und der Ernte, um eine gute Ernte zu gewährleisten und vor Katastrophen zu schützen. Besonders wichtig waren die Zeremonien rund um den Reis, an denen auch der Kaiser beteiligt war. Hungersnot wurde in der Mythologie als altes Weib dargestellt, das Fischreusen aufstellte, um den Menschen den Lachs zu nehmen, und schließlich von dem Helden Okikurmi getötet wurde. Auch im Buddhismus gab es Figuren, die mit dem Essen zu tun hatten, vor allem Iorin, eine Erscheinungsform von Kannon, der Schutzpatronin der Fischer, und Ida-ten, der Gott des Essens in den Zen-Sekten. Letzterer wird vor Mahlzeiten angebetet und wacht über jeden übermäßigen Appetit.

Landwirtschaft

Die Landwirtschaft (Nōgaku) im alten Japan konzentrierte sich, wie auch heute noch, weitgehend auf den Anbau von Getreide und Gemüse, während Fleisch nur in relativ geringen Mengen produziert wurde. Frühe Nahrungsquellen während der Jōmon-Zeit (etwa 14.500 bis etwa 300 v. Chr. oder früher) waren Hirse und essbare Gräser. Aus der Zeit um 5700 v. Chr. stammen die ersten Spuren von Ackerbau mit Brandrodung. Ab etwa 4000 v. Chr. erfolgte die Bewirtschaftung bestimmter, immer wiederkehrender Flächen.

Das mit Abstand wichtigste Grundnahrungsmittel war Reis. Es gibt Belege dafür, dass Reis um 1250 v. Chr. durch Einwanderer vom asiatischen Festland in der späten Jōmon-Zeit nach Japan eingeführt wurde, aber wahrscheinlich erst um 800 v. Chr. erfolgte der Anbau in Japan selbst. Die ersten Belege für den Anbau von Reis auf nassen Feldern stammen aus der Zeit um 600 v. Chr., als diese Technik, ebenfalls durch Einwanderer aus Asien, während des Übergangs von der Jōmon-Zeit zur Yayoi-Zeit eingeführt wurde. Die ersten Reisfelder entstanden im Südwesten und breiteten sich dann nach Norden aus. Die Yayoi-Einwanderer brachten auch Adzukibohnen, Sojabohnen, Weizen und aus China das, was heute das japanische Gericht schlechthin ist: Sushi.

Japanese Stoneware Offering Vessel
Japanisches Steingutgefäß für Opfergaben
James Blake Wiener (CC BY-NC-SA)

Die Landwirtschaft entwickelte sich nur langsam, und erst mit der Einführung von Eisenwerkzeugen und -techniken aus Korea in der Kofun-Zeit (etwa 250 bis 538 n. Chr.) wurden Fortschritte bei der Effizienz erzielt. Selbst während der Nara-Zeit (710 bis 794 n. Chr.) war die Landwirtschaft noch von primitiven Werkzeugen abhängig, es wurde nicht genügend Land für den Anbau vorbereitet, und die Bewässerungstechniken waren unzureichend, um häufige Ernteausfälle und Hungersnöte zu verhindern (vor allem 730 n. Chr. und um 1180 n. Chr.). Im 9. Jahrhundert n. Chr. gab es eine gewisse staatliche Unterstützung in Form von Darlehen für Saatgut-Reis, aber die Zinssätze lagen zwischen 30 und 50 %. Erst in der Kamakura-Zeit (1183 bis 1333 n. Chr.) und im Mittelalter wurden Techniken wie der doppelte Anbau, bessere Saatgutsorten und ein breiterer Einsatz von Düngemitteln eingeführt.

Angesichts dieser Unzuverlässigkeit zogen es die meisten Kleinbauern vor, auf den großen Ländereien (Shōen) der Landadligen zu arbeiten, was ihnen mehr Sicherheit bot. Nur diese Güter wurden ausreichend bewässert, und die kleinen, unabhängigen Bauern mussten sich mit Regenfällen oder natürlichen unterirdischen Quellen begnügen und waren daher auf trockene Feldfrüchte wie Hirse und Hanf sowie Gerste, Weizen und Buchweizen beschränkt. Reis, der unter solchen Bedingungen angebaut wurde, war für die Zahlung von Steuern reserviert. Andere Kulturen waren Gerste und der Maulbeerbaum, der für die Herstellung von Seide benötigt wurde.

Ernährung

Da Japan eine Ansammlung von Inseln unterschiedlicher Größe ist, waren Meeresfrüchte leicht zu beschaffen und viel beliebter als Fleisch, da die Tierhaltung eine kostspieligere und zeitaufwendigere Nahrungsquelle war. Beispiele für verzehrte Meeresfrüchte sind Schalentiere, Seetang, Seegurken, Bonitos, Brassen, Seebarsche, Aale, Karpfen, Makrelen, Sardinen, Lachs, Forellen, Haie, Garnelen, Tintenfische, Quallen und Krabben. Fisch, der nicht frisch und vor Ort verzehrt wurde, wurde getrocknet ins Landesinnere transportiert.

Japanese Persimmon
Japanische Kakifrüchte
Juuyoh Tanaka (CC BY)

Als der Buddhismus im 6. Jahrhundert n. Chr. in Japan eingeführt und dann offiziell vom Staat übernommen und gefördert wurde, lieferte die Religion mit ihrer Ablehnung des Tötens von Tieren und Vögeln einen weiteren Grund dafür, dass Meeresfrüchte und Gemüse in der japanischen Ernährung dominierten. Der Buddhismus verbot nicht den Verzehr aller Fleischsorten, und Wildschwein und Wildbret bildeten Ausnahmen. Fasan war ein weiteres Fleisch, das sich seiner Beliebtheit erfreute. Es stimmt auch, dass einige buddhistische Sekten strenger waren und von ihren Anhängern eine gänzlich vegetarische Ernährung verlangten.

Sie senden Kormorane aus

über die oberen Untiefen,

Sie werfen Netze aus

über die unteren Untiefen.

Berg und Fluss

Ziehen zusammen, um ihr zu dienen –

In der Tat eine Götterherrschaft!

Man’yōshū-Gedicht von Kakinomoto Hitomaro über die Wohltaten der Natur für Kaiserin Jito (aus dem Englischen aus Ebrey, 150).

Die bekannteste Periode in Bezug auf die japanische Ernährung ist die Heian-Zeit (794 bis 1185 n. Chr.), in der die Literatur florierte und zwischen Hofintrigen und romantischen Zwischenspielen auch Hinweise auf Essgewohnheiten festhielt. Unsere Kenntnisse beschränken sich weitgehend auf die Aristokratie, da diese die Literatur verfasste und sich auf ihre eigenen üppigen Dinnerpartys in ihren Lustschlössern in der Hauptstadt Heian-kyō (Kyōto) konzentrierte. Wir können uns vorstellen, dass die Ernährung der einfachen Bevölkerung weit weniger schmackhaft war, auch wenn sie vielleicht gesünder war, da viele adlige Hofschreiber auf Furunkel und andere Krankheiten anspielten, die mit Fehlernährung zusammenhingen und den kaiserlichen Hof plagten.

Die Adeligen nahmen zwei Mahlzeiten am Tag ein – eine um 10 Uhr und die zweite um 16 Uhr. Aber auch hier können wir uns vorstellen, dass Arbeiter und Bauern wahrscheinlich eher früh und spät am Tag aßen, um ihre Arbeit nicht zu unterbrechen. Die Menschen aßen auch Zwischenmahlzeiten, z. B. Obst, Nüsse oder Reiskuchen.

Die Speisen wurden mit Salz, Ingwer, Minze, Knoblauch, Essig und Fischbrühe gewürzt.

Reis, das Grundnahrungsmittel, wurde gekocht, gedämpft oder nach dem Kochen getrocknet. Er wurde mit Gemüse gemischt, um Reiskuchen herzustellen, oder zu einem dicken Brei verarbeitet und mit Gemüse oder anderen Getreidesorten gemischt. Zu den beliebten Gemüsesorten gehörten die vielseitigen Sojabohnen, die zu einer Würzpaste (Miso), Tofu oder Sojasauce verarbeitet werden konnten. Außerdem gab es rote Bohnen, japanische Süßkartoffeln, Bambussprossen, Auberginen, Gurken, Kletten, Zwiebeln, Frühlingszwiebeln, Yamswurzeln und Radieschen. Sie wurden roh oder gekocht, gedünstet oder eingelegt verzehrt. Die Speisen wurden mit Salz, Ingwer, Minze, Knoblauch, Essig und Fischbrühe gewürzt. Für einen süßeren Geschmack fügte man Honig, ein Reisgelee oder eine Flüssigkeit namens Amazura hinzu, die aus wilden Trauben gepresst wurde. Eine weitere Möglichkeit, den Geschmack zu verbessern, war das Kochen mit Walnuss- oder Sesamöl.

Als Obst gab es Pfirsiche, japanische Orangen, Mandarinen, Kakis, Mispeln, Pflaumen, Granatäpfel und Äpfel, aber auch wilde Himbeeren und Erdbeeren. Außerdem gab es Nüsse wie Kastanien, Walnüsse und Pinienkerne. Fette wurden (wahrscheinlich in unzureichenden Mengen) durch Eier und Milchprodukte wie So, eine einfache Art von Käse oder Butter, geliefert.

Exemplarische japanische Gerichte wie Tempura und Sukiyaki wurden erst viel später auf den Inseln eingeführt – Tempura durch die Portugiesen im 16. Jahrhundert n. Chr. und Sukiyaki im frühen 20. Jahrhundert n. Chr., nachdem Rindfleisch durch Westeuropäer in Mode gekommen war.

Genji Viewing Snow from a Balcony
Genji betrachtet Schnee von einem Balkon aus
Kunichika Toyohara (Public Domain)

Tee (Cha) war eine weitere beliebte Einführung aus China (im 6. oder 7. Jahrhundert n. Chr.), und der Überlieferung nach stammte er aus einem Busch, der aus den weggeworfenen Augenlidern des Weisen Daruma (auch Bodhidharma genannt), dem Begründer des Zen-Buddhismus, wuchs. Aus China kamen auch bessere Teepflanzen und die aufwendige Zeremonie der Teezubereitung (Chanoyu). Das Teetrinken wurde zunächst von den Mönchen des Zen-Buddhismus übernommen, da man glaubte, es fördere die Meditation und verhindere den Schlaf. Außerdem wurde dem Getränk eine medizinische Wirkung zugeschrieben. Für die Zubereitung des Tees wurden die Blätter zerstampft und mit Amazura oder Ingwer zu einer Kugel geformt, die dann in heißem Wasser aufgegossen wurde. Ab 1200 n. Chr. wurden schließlich spezialisierte Teeschulen eröffnet, man trank in eigens dafür eingerichteten Teestuben (Chashitsu) und benutzte das feinste Porzellan zum Teetrinken.

Ein wichtiges Getränk schließlich, das auch heute noch das Symbol Japans schlechthin ist, ist Sake oder Reiswein. In der Mythologie stammt das Getränk aus Tokio und ist ein Geschenk von Sukunabikona, dem Gott der Magie und der Heilung. Sake war und ist eine übliche Opfergabe für die Götter der Shinto-Schreine. Ōtomo no Tabito (665 bis 731 n. Chr.) verfasste 13 Gedichte, in denen er das Getränk lobte, und hier ist eines davon:

Statt sich zu grämen

Über unnütze Dinge,

Wäre es besser

Einen Becher zu trinken

von trübem Sake.

(aus dem Englischen aus Keene, 137)

This content was made possible with generous support from the Great Britain Sasakawa Foundation.

Übersetzer

Marina Wrackmeyer
Marina arbeitet hauptberuflich im KEP-Innendienst und nebenbei an der Übersetzung der WHE ins Deutsche. Sie liest und lernt gerne und ist besonders an Sprachen und Geschichte interessiert.

Autor

Mark Cartwright
Mark ist hauptberuflich als Autor, Forscher, Historiker und Redakteur tätig. Zu seinen Spezialinteressen zählen Kunst, Architektur sowie die Erforschung der Ideen, die als gemeinsame Grundlage aller Zivilisationen betrachtet werden. Er hat einen MA in politischer Philosophie und ist Verlagsleiter bei WHE.

Dieses Werk Zitieren

APA Stil

Cartwright, M. (2017, Juni 20). Ernährnung und Landwirtschaft im alten Japan [Food & Agriculture in Ancient Japan]. (M. Wrackmeyer, Übersetzer). World History Encyclopedia. Abgerufen auf https://www.worldhistory.org/trans/de/2-1082/ernahrnung-und-landwirtschaft-im-alten-japan/

Chicago Stil

Cartwright, Mark. "Ernährnung und Landwirtschaft im alten Japan." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. Letzte Juni 20, 2017. https://www.worldhistory.org/trans/de/2-1082/ernahrnung-und-landwirtschaft-im-alten-japan/.

MLA Stil

Cartwright, Mark. "Ernährnung und Landwirtschaft im alten Japan." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. World History Encyclopedia, 20 Jun 2017, https://www.worldhistory.org/article/1082/food--agriculture-in-ancient-japan/. Internet. 17 Jul 2025.