Skythische Kunst

Definition

Patrick Scott Smith, M. A.
von , übersetzt von Marina Wrackmeyer
Veröffentlicht am 15 Juli 2022
In anderen Sprachen verfügbar: Englisch, Französisch, Italienisch, Persisch, Spanisch
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Scythian Golden Pectoral from Tovsta Mohyla (by Terminator, Public Domain)
Skythisches Goldpektorale aus Towsta Mohyla
Terminator (Public Domain)

Die skythische Kunst ist am besten für ihre „Tierkunst“ bekannt. Die Skythen, die zwischen dem 7. und 3. Jahrhundert v. Chr. in der zentralasiatischen Steppe lebten und keltische Einflüsse widerspiegelten, waren für ihre Goldschmiedearbeiten bekannt. Die jüngste Ausgrabung ihrer Kurgane zeigt zudem, dass ihre Kunst und ihre Kleidung ein hohes Maß an kultureller Raffinesse aufwiesen.

Dekor

Entsprechend ihrem nomadischen Lebensstil wurde der meiste skythische Dekor in Plaketten- oder Applikationsform hergestellt. Mit flachen Profilen, die aus massivem Gold, vergoldetem Holz, Lederausschnitten und Filzapplikationen bestanden, konnten solche Gegenstände am Sattelzeug ihrer Pferde befestigt oder aufgenäht oder vielleicht auch an den Wänden ihrer Hauswagen aufgehängt werden. Aus dem späten 6. bis frühen 3. Jahrhundert v. Chr. stammende Beispiele für Pferdeschmuck aus Filz, Leder und Holz wurden in den Grabhügeln von Baschadar und Pasyryk im Altaigebirge in der Mongolei gefunden. An einem Sattel hingen vier abnehmbare Lederausschnitte mit golden gepunkteten sich windenden Fischen, die jeweils 58 cm lang waren. Einige Filzsatteldecken waren wie ein Quilt mit kontrastierenden farbigen Quadraten oder Dreiecken reich verziert, ein Sattel war außerdem mit Lederrosetten mit Goldpunkten in der Mitte dekoriert, und andere waren mit Lederadlern verziert. Ein Sattel war ungewöhnlich mit einer Filzapplikation eines mehrfarbigen Greifs verziert, und ein anderer war mit Filzmedaillons bedeckt, die jeweils 20 cm breit waren und mit einer Spirale aus sechs stilisierten Adlerköpfen verziert waren. Die Skythen befestigten kleine Segmente vergoldeter Holzplättchen mit fantastischen Adlern und Widderköpfen am Zaumzeug ihrer Pferde, und sie befestigten auch vergoldete Plättchen mit Adlern und Palmetten an den Brustgurten.

Obwohl einige Plaketten klein genug sind, um getragen worden zu sein, zeigen Größe, Form und Gewicht anderer, dass sie wahrscheinlich aufgehängt wurden.

Auch massiver Goldschmuck war beliebt. Viele der in den skythischen Gräbern gefundenen Goldstücke waren für den persönlichen Gebrauch bestimmt, und die Tausenden von winzigen goldenen Panthern und Ebern, mit denen die begrabenen Personen bedeckt waren, deuten auf talismanartige Eigenschaften hin; die Konstruktion anderer Goldstücke verrät dagegen ihren Zweck als Dekoration. Einige dekorative Gefäße sind in ihrer horizontalen Riffelung wunderschön, während andere bemerkenswert detaillierte Jagdszenen und skythische Kriegsführung in deutlichem Relief zeigen. Andere dünne Platten zeigen Beute- und Raubtierszenen. Obwohl einige Plaketten klein genug sind, um getragen worden zu sein, zeigen Größe, Form und Gewicht anderer, dass sie wahrscheinlich aufgehängt wurden.

Die Skythen besaßen kunstvoll gemusterte Wandbehänge und Teppiche aus Filz – ähnlich wie die Wandteppiche, welche die Wände mittelalterlicher Schlösser isolierten. Es ist wahrscheinlich, dass die Skythen aus praktischen Gründen die Wände ihrer Hauswagen in ähnlicher Weise mit diesen Filzbehängen isolierten und sie zusätzlich mit Goldplaketten schmückten. Kleine Plaketten mit einer Größe von 2,5 bis 5 cm und gleichmäßig verteilten Löchern am Rand könnten auf Kleidungsstücke genäht worden sein; andere mit einer Länge von 15 bis 40 cm wurden wahrscheinlich an größere Flächen gehängt.

Scythian Gold Appliqués
Skythische Goldapplikationen
Gary Todd (Public Domain)

Kopfbedeckungen

Die Skythen waren für ihre einzigartigen Kopfbedeckungen bekannt und stolz auf sie. Ausgehend von einer funktionalen Grundlage – dem Schutz des Kopfes vor Wärmeverdunstung – brachten die Skythen ihre Kopfbedeckungen buchstäblich zu neuen Höhen der Mode. Herodot beschreibt ihre „hohen Mützen“ als „aufrecht, steif und spitz zulaufend“ (7.64). Seine Beobachtung wird durch das Apadana-Relief in Persepolis bestätigt, das eine bewaffnete skythische Delegation zeigt, die hohe, spitze Kopfbedeckungen trägt. Gelegentlich trieben die Skythen ihren hohen Kopfschmuck sogar noch weiter auf die Spitze. Der bekannte „Goldene Mann“ aus der Grabstätte von Jessik in der Nähe des Sees Yssykköl trug einen 65 cm hohen roten Spitzhut. Auf der Spitze befanden sich vier vertikale Miniaturspeere, und der untere Teil war mit goldenen Fabeltieren, Schneeleoparden, Steinböcken, geflügelten Tigern und Vögeln geschmückt.

Weiter nördlich befand sich auf einem Kopfschmuck aus dem Kurgan Pasyryk 2, der einem Häuptling gehörte, ein 34 cm großer, kunstvoll geschnitzter mythischer Adler, der den Kopf eines Hirsches im Schnabel hielt. Der 40 cm hohe Damenkopfschmuck von Hügel 5 dürfte ähnliche Aufmerksamkeit erregt haben. Derartige Kopfbedeckungen skythischer Frauen (die über einem kahlgeschorenen Kopf getragen wurden, wobei der Haarknoten durch die Spitze gezogen wurde), die an anderen Fundorten im Altai gefunden wurden, waren in der Regel mit Hirschsilhouetten verziert und wurden dann mit Vogelfiguren, Rahmenstäben und Haarnadeln aus Blattgold verziert. Ein solch extravaganter Schmuck hätte die Aufmerksamkeit auf die Trägerin gelenkt.

Scythian Noblewomen, 4th-3rd Century BCE
Skytische Adlige, 4./3. Jahrhundert v. Chr.
Simeon Netchev (CC BY-NC-SA)

So wie die Skythen ihre Umgebung und ihre Pferde mit Goldschmuck verschönerten und aufwendige Kopfbedeckungen trugen, war dies auch der Fall für ihre Pferde. In Pasyryk trug ein Pferd ein stilisiertes Hirschgeweih aus dickem Leder und Quasten aus rotem Haar. Der 50 cm hohe Kopfschmuck eines anderen Pferdes bestand aus einer Kappe mit einem Widderkopf, zwischen dessen Hörnern ein fliegender Vogel saß, während ein weiteres Pferd einen großen Adlerkopf trug, aus dessen Schnabel ein Horn herausragte.

Persönliche Erscheinung

Wie die alltäglichen Kopfbedeckungen zeigen auch viele Bilder der skythischen Kleidung den praktischen Gebrauch von langärmeligen Tuniken, Hosen und Stiefeln. Die Hosen werden in die Stiefel gesteckt und um die Knöchel geschnürt, um die Kälte abzuhalten, während die Jacken bis zu den Knien reichten und mit einem Gürtel gebunden werden. Die bekannte Tafel aus dem Kul-Oba-Grabhügel am Schwarzen Meer, auf der Bogenschützen in Rückenlage abgebildet sind, zeigt Tuniken mit seilartigem Besatz und Hosen, die mit Sternen in einem unregelmäßigem Muster verziert sind. Der goldene Becher aus der gleichen Stätte zeigt Hosen mit gleichmäßig verteilten Monden zwischen Linien. Neben ihrer üblichen Kleidung konnten sich die Skythen für spezielle Anlässe aber auch ganz besonders herausputzen.

Scythians Shooting with Bows
Skythische Bogenschützen
PHGCOM (CC BY-SA)

Ihre Kopfbedeckungen und -verzierungen bestanden hauptsächlich aus Gold, aber auch Gold als persönlicher Schmuck war beliebt. So sind beispielsweise goldene Armbänder, Halsketten und Torques keine Seltenheit. Im Altaigebirge, in der Fundstelle Arschan 2 in Tuwa, wurden goldene Ohrringe mit granulierten Anhängern gefunden. In Pasyryk 2 wurde ein Paar goldener Ohrringe mit hängenden cloisonné-ähnlichen Teilen ausgegraben. Zu ihrer Geschmacksvielfalt trugen auch Halsketten aus farbigen Steinen und Glasperlen bei. Neben dem phantasievollen Goldgeschmack „bieten die gefrorenen Gräber des Altai einen unvergleichlichen Anblick auf die Überschwänglichkeit der Nomadenkleidung: die Vorliebe für leuchtende, kontrastreiche Farben und komplizierte Verzierungen, die durch Nähte, Stickereien und das Anbringen von Lederausschnitten entstehen“. Zu den Kleidungsstücken gehören aufwändig verzierte Schuhe, Ärmel und ein Damenumhang mit Pelzbesatz. Außerdem waren Filzstrümpfe als Teil der skythischen Kleidung bei beiden Geschlechtern beliebt. Die in Pasyryk 2 gefundenen „Strümpfe für Frauen waren mit einer Applikation aus Lotuspalmen verziert, die zu einer Girlande zusammengefügt waren; die Strümpfe der Männer hatten herzförmige Figuren“. (Cunliffe, 207, 127)

Der Raffinesse ihrer Kleidung entsprach auch die Vorliebe für Tätowierungen. Ebenso wichtig wie ihre modische Kleidung waren Tätowierungen mit abstrakten Bildern von zusammengerollten Katzen, Hirschen, Widdern, Antilopen, Ziegen und Fabelwesen, die bei beiden Geschlechtern großen Anklang fanden. Während der Körper eines hochrangigen Mannes in Pasyryk an den Beinen, auf der Brust, auf dem Rücken und von der Schulter bis zur Hand Tätowierungen von Tieren in skythischer Manier aufwies, hatte eine hochrangige Frau, die im Volksmund als Prinzessin von Ukok bekannt ist, ebenfalls Tätowierungen in ähnlichem Design und Umfang. So wie Tätowierungen heute dazu gedacht sind, gezeigt und gewürdigt zu werden, spiegeln auch die skythischen Tätowierungen eine Ebene der gegenseitigen Wertschätzung wider.

Musik und Tanz

Die Funde vom Schwarzen Meer und vom Altaigebirge zeugen nicht nur von einem differenzierten Dekorationsgeschmack, sondern auch von der Liebe der Skythen zu Musik und Tanz. Auf einigen Gegenständen sind erotische Tänzerinnen zu sehen, die sich zur Musik wiegen (fachmännisch in Aktion festgehalten). Im Kurgan von Sachniwka in der Zentralukraine zeigt ein goldenes Stirnband einen Mann, der die Leier spielt. Aus Vogelknochen gefertigte Panflöten wurden auch im Kurgan 5 von Skatowka in der unteren Wolga-Region gefunden. In mehreren Gräbern von Pasyryk wurden Trommeln aus Ochsenhörnern ausgegraben. Sie wurden durch das Zusammennähen von zwei Hornplatten und das anschließende Aufnähen einer Hautmembran zur Abdeckung des Oberseite hergestellt und erzeugten beim Anschlagen einen einzigartigen Klang. In Kurgan 2 wurde ein harfenähnliches Instrument entdeckt, das mindestens vier Saiten hatte. Die Töne eines geübten Musikers, die von diesem Instrument ausgingen, müssen bemerkenswert gewesen sein. Barry Cunliffe schreibt:

[Es wurde] aus einem einzigen ausgehöhlten hölzernen Resonator hergestellt, der mittlere Teil des Körpers war mit einem hölzernen Resonanzboden bedeckt, während über den offenen Teil des Körpers klingende Membranen gespannt waren. ... In ruhigeren Momenten genossen die Skythen die Musik. Musik begleitete zweifellos Rituale und Zeremonien, aber es ist verlockend, sich einen müden Reiter vorzustellen, der sich mit seinen Verwandten niederließ, um einen Abend mit Gesang und Tanz zu genießen. (226-27)

Keltische Einflüsse

Mit Anklängen an keltische Kurvenformen war die Darstellung von Szenen mitten im Geschehen für die Skythen eine einzigartige, innovative Neuerung.

Die kaukasischen Merkmale der Skythen, die von chinesischen Chronisten des 1. Jahrhunderts n. Chr. beschrieben wurden, und ihre indoeuropäische Sprache sprechen für eine frühere bronzezeitliche Herkunft aus dem Westen, wahrscheinlich von den Kelten. Keltische Einflüsse finden sich in der Tat in der skythischen Kunst wieder, zum Beispiel in den Torques. Die oft aus mehreren Strängen Golddraht gefertigten Torques, die zu dicken Halsringen gedreht wurden, waren eng anliegend und vorne offen, ihre Enden waren als Fabelwesen oder einfache oder stilisierte Kugeln gestaltet. Was jedoch andere künstlerische Ausdrucksformen betrifft, so entwickelten die Skythen ihre eigene kulturelle Identität und Kunstform, während die Kelten schon früh ihre anmutigen kurvenförmigen Muster entwickelten und ihre ineinander verschlungenen Designs zu komplexen Motiven wurden. Dennoch sind die Einflüsse unverkennbar.

Während Kurven in der skythischen Kunst in der Regel als Schnörkel hinzugefügt werden, sind die sich wiederholenden kurvigen Linien auf der vergoldeten Silberamphore aus dem Grabhügel von Tschortomlyk in der Nähe von Nikopol, Ukraine, bemerkenswert keltisch, ebenso wie die Hahnapplikationen auf einem Sarg aus Pasyryk 1 oder das stilisierte Pferdeornament aus Pasyryk 3 mit seinen sich wiederholenden Kurven zweier nach außen gerichteter Elchköpfe. Alle drei stammen aus der Zeit um das 4. Jahrhundert v. Chr. Da „à jour“- Arbeiten durch regelmäßige Muster von Öffnungen und Löchern definiert sind, ähneln einige der flachen Metallarbeiten der Kelten, die etwa auf das 5. Jahrhundert v. Chr. datiert wurden, den skythischen Werken aus derselben Zeitperiode.

Celtic Belt Buckle
Keltische Gürtelschnalle
O.Mustafin (Public Domain)

Zwei Gürteltafeln sind sich zum Beispiel bemerkenswert ähnlich. Beide haben eine Koralleneinlage, aber die keltische aus Bronze (aus dem Rheinland in Deutschland, 5. Jahrhundert v. Chr.) zeigt einen stilisierten Stierkopf, der von zwei greifenähnlichen Wesen flankiert wird. Die skythische Goldplakette (aus Südsibirien, 3. Jh. v. Chr.) zeigt einen berittenen Bogenschützen, der ein Wildschwein jagt und erschießt.

Scythian Belt Buckle
Skythische Gürtelschnalle
michael_s_pictures (CC BY-SA)

Themen und Stile

Mit Anklängen an die keltischen Kurvenformen brachten die Skythen eine einzigartige, innovative Neuerung mit ein, indem sie Szenen mitten im Geschehen abbildeten. Abgesehen von den raffinierten, anmutigen, kurvigen Designs sind die keltischen Lebensbilder eher nüchtern und einfallslos. Doch wie die sibirische durchbrochene Darstellung des berittenen Bogenschützen, der mit gespanntem Bogen ein Wildschwein vom Pferd aus erlegt, zeigen viele skythische Stücke das Leben in Aktion, oft auf dramatische Weise. Neben der aufwendigen Handwerkskunst in funkelndem Gold erzählen viele skythische Artefakte auch eine Lebensgeschichte. So ist ein Kamm (wie der berühmte Solokha-Kamm aus dem 5. bis frühen 4. Jh. v. Chr.) nicht einfach nur ein Kamm, sondern er ist so gestaltet, dass er Krieger im heftigen Kampf zeigt.

In ähnlicher Weise zeigt das Pektorale aus dem Kurgan von Towsta Mohyla Szenen aus dem täglichen Leben mit exquisiten, segmentierten Details im oberen Register: das Melken eines Schafes, zwei Männer, die ein Hemd nähen, Kälber und säugende Fohlen. Im Gegensatz dazu zeigt das untere Register dramatische Beute- und Raubtierszenen: Katzen, die einen Hirsch erlegen, und Greife, die sich an Pferden verbeißen und festkrallen. An ausgewählten Stellen im Nackenbereich sind Miniaturziegen, Kaninchen, Hunde, Heuschrecken und Vögel zu sehen. Diese beiden Artefakte vom Schwarzen Meer, die in der Nähe des Flusses Dnipro in der Südukraine gefunden wurden, sind typisch für die skythische Kunst, denn sie bieten einzigartige, manchmal dramatische Momentaufnahmen der skythischen Mode, der Interessen, des Glaubens, der Gewohnheiten und des täglichen Lebens – visuelle Eindrücke, wie sie nur wenige Grabbeigaben bieten. Während einige Artefakte heitere Lebensszenen zeigen, stellen andere Menschen bei der Jagd oder im Kampf dar, wie der Solokha-Kamm, die Bogenschützen vom Kul-Oba-Hügel oder eine Tafel von derselben Stätte, die einen Reiter bei der Jagd auf ein Kaninchen zeigt.

Scythian Gold Comb
Skythischer Goldkamm
Maqs (Public Domain)

Ein weiteres Thema der Skythen ist ihre Darstellung von Tieren. Während die Kelten sie in mythischen, stilisierten oder ungeschickten natürlichen Formen darstellten, brachten die Skythen ihre Darstellungen auf ein solches Niveau der Kunstfertigkeit und Quantität, dass manche sie als skythische „Tierkunst“ bezeichnen. Die Skythen stellten Tiere auf zwei Arten dar: in abstrakter oder naturgetreuer Form, entweder in gutartigem Zustand oder im Konflikt. Viele Objekte haben das Thema von Beute und Raubtier. Eine Goldplatte aus dem Bratoliubivskyi-Kurgan in der Region Cherson zeigt in natürlicherer Form einen Schneeleoparden, der einen Hirsch angreift. Auf mehreren durchbrochenen Platten sind abstrakte Szenen zu sehen, in denen eine Katze ein Pferd beißt und erlegt, ein riesiger Adler einen Yak zerfleischt, ein Tiger mit einem Ungeheuer kämpft und ähnliches. Diese gemeinsame Vorliebe für einzigartige Darstellungen von gewalttätigen Raubtieren spiegelt möglicherweise die Gewalt wider, die im Leben der Skythen als Krieger vorherrschte.

Neben den Tierdarstellungen, die am Zaumzeug ihrer Pferde befestigt oder an ihre Kopfbedeckungen geheftet waren (wie die Kopfbedeckung der Adligen in Ak-Alacha, die mit goldenen Katzenfiguren bedeckt war), sind auf den Endstücken der priesterlichen Zepter, die vielerorts gefunden wurden, auch Figuren von Hirschen und Vögeln abgebildet. Zu den häufigsten Tierdarstellungen gehören außerdem abstrakte Darstellungen von liegenden Hirschen und Panthern.

Wie bereits erwähnt, kleideten sich die Skythen nicht nur mit Tieren und umgaben sich mit ihnen, sondern sie tätowierten auch ihre Körper mit ihnen. Man könnte dies als reine Modeerscheinung oder künstlerische Ausdrucksform betrachten, doch angesichts der Vermischung von religiösem Glauben und dem täglichen Leben in alten Kulturen fragt man sich, welche Rolle solche Bilder im Glaubenssystem der skythischen Religion spielten. Da sie sich so zahlreich mit ihnen umgaben, schienen sie davon auszugehen, dass ihr Schicksal mit ihnen verwoben war und die Tierbilder ihnen Glück und Schutz brachten. An der Fundstelle Arschan 2 (aus dem 7. Jahrhundert v. Chr.) waren von den 9.300 gefundenen Objekten 5.600 aus Gold, zumeist kleine Tierapplikationen. Erstaunlicherweise waren 5.000 der Goldapplikationen goldene Panther, die gleichermaßen vom „König“ und von der „Königin“ getragen wurden.

Scythians
Skythen
Simeon Netchev (CC BY-NC-SA)

Schlussfolgerung

Da ihre Behausungen Hauswagen, ihre Reittiere und ihre Lebensweise nomadisch waren, könnte man annehmen, dass die Kleidung und die Kunstfertigkeit der Skythen, die durch die Steppe Zentralasiens zogen, bestenfalls rudimentär waren. Doch wie ihre Grabstätten zeigen, umgaben und schmückten sie sich mit Kunstwerken, die in ihrer Herstellung und in ihrem Ausdruck überraschend vielfältig waren. So wie die Skythen ihre Pferde mit fantastischen Adlern und Widdern und das Innere ihrer Hauswagen mit schönen Wandbehängen und vielleicht goldenen Plaketten schmückten, brachten sie die Zweckmäßigkeit ihrer Kopfbedeckung und Kleidung auf ein neues Niveau von Stil und Dekoration.

Unter Beibehaltung der keltischen Rundungen in ihren künstlerischen Entwürfen schufen sie auch ihren eigenen Stil und ihre eigenen Motive. Mit einer Fülle von Goldschmiedearbeiten, die oft kompliziert gestaltet waren, gaben sie Szenen aus dem täglichen Leben und Tierdarstellungen wieder. In den Tierbildern, mit denen sie sich umgaben, ja sogar tätowierten, schwankte ihr Stil zwischen dem bemerkenswert realistischen Festhalten von Motiven in Aktion und der abstrakten Wiedergabe der Realität. Die Skythen waren also, obwohl sie nomadisch und militärisch veranlagt waren, gleichzeitig Kunstkenner ersten Ranges.

Fragen und Antworten

Wie wurde die skythische Kunst von den Kelten beeinflusst?

Die Kelten sind für ihre komplexen kurvenförmigen Muster bekannt. Einige skythische Kunstwerke weisen ebenfalls derartig gerundete Muster auf, und auch ihre Verzierungen mit Schnörkeln und Kurven sind bemerkenswert ähnlich.

Was sind die besonderen Merkmale der skythischen Kunst?

Die Skythen entwickelten zwei unterschiedliche Stile: die realistische Darstellung und die abstrakte Interpretation des Themas. Ein weiteres besonderes Merkmal war das Festhalten von Szenen des Lebens mitten in der Handlung.

Übersetzer

Marina Wrackmeyer
Marina arbeitet hauptberuflich im KEP-Innendienst und nebenbei an der Herausgabe der WHE auf Deutsch. Sie liest und lernt gerne und ist besonders an Sprachen und Geschichte interessiert.

Autor

Patrick Scott Smith, M. A.
Mit Präsentation seiner Forschung für die American Society of Overseas Research und die Missouri Academy of Science sowie als Autor der Association for the Scientific Study of Religion gewann Patrick Smith 2015 und 2024 den Frank Forwood Award for Excellence in Research.

Dieses Werk Zitieren

APA Stil

A., P. S. S. M. (2022, Juli 15). Skythische Kunst [Scythian Art]. (M. Wrackmeyer, Übersetzer). World History Encyclopedia. Abgerufen auf https://www.worldhistory.org/trans/de/1-19566/skythische-kunst/

Chicago Stil

A., Patrick Scott Smith, M.. "Skythische Kunst." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. Letzte Juli 15, 2022. https://www.worldhistory.org/trans/de/1-19566/skythische-kunst/.

MLA Stil

A., Patrick Scott Smith, M.. "Skythische Kunst." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. World History Encyclopedia, 15 Jul 2022. Internet. 31 Mai 2024.